Im Rahmen der Coronamaßnahmen-Proteste sind eine Reihe von Gruppierungen entstanden, die sich als „Widerstand“ bezeichnen. So entstand nun auch „Studenten stehen auf“ als vermeintlich studentischer Querdenken-Ableger. Nach dem es kommenden Samstag eine Demo der Stuttgarter „Studenten stehen auf“ Bewegung geben soll, haben wir uns mit dieser und ihren Inhalten genauer beschäftigt. Wir mussten schnell feststellen, dass hier keine berechtigte, antifaschistische und antikapitalistische Kritik an dem Krisenmanagement der Regierung stattfindet, sondern rechte, menschenfeindliche und falsche Inhalte verbreitet werden.
Die Gruppe stellt sich als einen Zusammenschluss von Studierenden dar, die behaupten die Gleichberechtigung aller Menschen zu fordern und angeblich das Recht auf Bildung zurück erkämpfen wollen. In ihren Werten und Forderungen sprechen sie von einem „offenen und respektvollen Diskurs“, in dem alle Meinungen gehört werden sollen. Sie fordern die „Freiheit von Meinung und Lehre“ sowie „Selbstbestimmung und Dezentralität“ und sprechen von „Grund- und Menschenrechten“ und behaupten „gegen jegliche Diskriminierungen“ zu sein. Bei wem da schon die Befürchtung aufkommt, dass die aufgezählten Themen in ihrer Bedeutung missbraucht werde, liegt richtig.
„Grund-, Menschenrechte und Diskriminierungen“ beziehen sie ausschließlich auf die Themen Impfen und Maskenpflicht. Freiheit bedeutet für die Gruppe die Abschaffung der Maskenpflicht. So heißt es auf ihrem Twitteraccount: „#Maskenpflicht? -> Sei frei -> Wirf die Maske weg“. Diskriminierung wird instrumentalisiert und missbraucht: Es geht um die angebliche Diskriminierung ungeimpfter Personen. Und nein, das ist keine Diskriminierung. Alle real existierenden Diskriminierungen werden hingegen als unwichtig abgetan und geleugnet sowie selbst reproduziert.
Von einem offenen und respektvollen Diskurs ist nichts zu sehen, es wird eben nicht sachlich über eine Impflicht diskutiert, sondern das Ungeimpftsein wird glorifiziert. Wer geimpft ist wird bemitleidet oder abgewertet. Impfung sei Krankheit und Tod. Die Pandemie betrachten sie mit folgender Logik: „Keine Tests -> Keine Inzidenz -> Keine Pandemie #DerTestmussWeg“ So hat übrigens auch der faschistoide Trump argumentiert.
In der Stuttgarter Telegramgruppe sind 900+ Menschen. Die Personen, die aktiv Inhalte teilen sind allerdings meistens die selben. Unklar ist, wie viele mitlesen und wie viele aktiv sind. Schnell wird deutlich, dass sich dort nicht nur Studierende und auch nicht nur eine klare Altersgruppe aufhält, vielmehr sammeln sich dort auch alle, die jeden Weg nutzen, um ihre Verschwörungserzählungen verbreiten zu können. Unserer Einschätzungen nach spielt sich dort eine kleine Minderheit als große Mehrheit auf. Wir möchten dem ganzen deswegen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken und es nicht größer machen als es ist, dennoch sehen wir es als unsere Pflicht es zu thematisieren und zu beobachten, da in solchen Gruppen die Grundlagen für menschenfeindliche Aussagen und daraus folgende Übergriffe geschaffen werden und ihr Narrativ faschistische Tendenzen aufweist, da sie den „Untergang“ beschwören und versuchen sich als Rettung der bedrohten und unwissenden oder verblendeten Nation zu zeichnen. Sie ebnen damit den Boden für Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus.
In der Stuttgarter Telegramgruppe geht es überraschend wenig, um Coronamaßnahmen, Krisenmanagement, Alternativvorschläge und einer Kritik daran. Vielmehr wird sich damit profiliert Teil „des Widerstands“ zu sein, es werden typisch rechte Narrative, die Inszenierung einer Verschwörung und die „Verblödung der Geimpften“ propagiert. Auch der Wortschatz der Identitären Bewegung wird genutzt und deren Propaganda betrieben, so wird von „Globohomos“ gesprochen, was vermuten lässt, dass zumindest Einzelne starke Bezüge zur Identitären Bewegung haben oder aus deren Reihen stammen. Die Identitäre Bewegung ist eine extrem rechte völkische Gruppe, die durch ein „hippes“ Auftreten versucht junge Menschen für sich zu gewinnen.
Auch das Thema Gendern nutzen sie zur Hetze. Bewusst sprechen sie von „Studenten“ erklären sie auf ihrem Twitteraccount. Schaut man nun in die Stuttgarter Gruppe wird es spannend. Durchaus sind dort (einzelne) Personen zu finden, die gendern. Diese wurden deshalb verbal attackiert, nicht weil sie andere verbesserten, sondern ausschließlich aufgrund ihrer eigenen Wortwahl. Dies war wohl Anlass genug für Andere sich angegriffen zu fühlen und den „Widerstand“ in Gefahr zu sehen. Anschließend wurde sich auch noch darüber beschwert, dass das Z-Wort nicht mehr genutzt werden soll und sogar das N-Wort verteidigt.
Die Demo in Stuttgart soll in Kooperation mit „Pflege für Aufklärung“ stattfinden, da wir aktuell vor allem die Gruppe der Studierenden beobachten, wollen wir darauf nicht ausführlich eingehen. Erwähnt werden muss aber, dass sich diese „Pfleger*innen“ auf Bhakdi berufen, einem extremen Antisemiten, der öffentlich mit Aussagen auftritt, in denen er erklärt „Das Volk der Juden“ habe von den Nazis das „Erzböse“ gelernt und würden dies nun umsetzen.
Letztendlich ist es wie in nahezu allen vermeintlich „kritischen“ Gruppen rund um die Corona-Maßnahmen: Eine durchaus berechtigte Kritik der Regierungsmaßnahmen und des bürgerlichen Staates bleiben aus. Anstelle dessen werden Unsicherheiten, die durch das Krisenmanagement entstanden sind, ausgenutzt, um Ängste zu schüren, Menschen mit rechtem Gedankengut zu indoktrinieren und zu radikalisieren.
Für uns als antikapitalistische Gruppe ist klar: Wir sehen es als unsere Pflicht den kapitalistischen Staat und sein profitorientiertes Krisenmanagement zu kritisieren. Hierbei muss jedoch klare Kante gezeigt werden: Keine Kritik der Coronamaßnahmen mit Faschist*innen! Eine differenzierte, analytische Kritik hat nichts mit Diffamierungen, Hetze und Verschwörungserzählungen zu tun. Wir stellen uns entschlossen gegen jede Menschenfeindlichkeit, gegen das Instrumentalisieren von Ängsten und Unsicherheiten, gegen Rassismus, Sexismus und Antisemitismus! Wir stellen uns entschlossen gegen „Studenten stehen auf“: Diese sprechen weder für Studierende, noch für Stuttgart und wir werden ihre Versuche der Instrumentalisierung nicht zu lassen! Klärt eure Freund*innen, Kommiliton*innen und Genoss*innen über die Gruppe auf und teilt diesen Beitrag!
Kein Fußbreit dem Faschismus! Für eine solidarische und antifaschistische Kritik der Coronapolitik!
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